Gezielte Unschärfe für bessere Fotos
Unschärfe im Foto ist nicht immer unerwünscht. Ganz im Gegenteil: Gekonnt gesetzte Unschärfe wertet ein Foto enorm auf und lässt es erst richtig professionell wirken. So funktioniert‘s.
Scharfe Fotos schießen kann manchmal tricky sein – siehe Artikel dazu – aber ist 100%ige Schärfe wirklich immer der beste Weg zum perfekten Foto? Hast du dich nicht auch schon öfters gefragt, was die Top Zutaten für ein perfektes Foto sind? Unglaublich aber wahr: Eine davon ist Unschärfe! Erfahre in diesem Artikel, wie du Unschärfe gezielt für bessere Fotos einsetzen kannst.
Hier erfährst du, wie du die Unschärfe in deinem Foto einfach kontrollieren kannst. Zuerst muss ich aber klar stellen, dass nicht jede Form von Unschärfe dein Bild besser macht. In diesem Artikel geht es ausschließlich um die Tiefenunschärfe.
Andere Arten von Unschärfe wie beispielsweise Bewegungsunschärfe, Fokusunschärfe oder einfach ein verwackeltes Foto können unter bestimmten Umständen auch gut sein, da sollte man aber sehr genau wissen, was man tut.
Auch in der Makrofotografie ist ein unscharfer Hintergrund perfekt dafür geeignet, Motive besser zur Geltung zu bringen. Stell dir vor, hinter den Blumen wären ebenso scharf Steinplatten und andere kleine Blumen zu sehen… Das Foto würde nicht so klar wirken.
Methoden für den perfekt unscharfen Hintergrund
Du kannst gezielte Unschärfe einsetzen, um verschiedene Teile deines Fotos unscharf abzubilden. Die Techniken dafür sind immer gleich, egal ob Vordergrund oder Hintergrund oder beides unscharf werden soll.
Wann macht es überhaupt Sinn, den Hintergrund in Unschärfe verschwinden zu lassen? In einer Studio Situation mit neutralem Hintergrund ist unscharfer Hintergrund nicht nötig, da dieser ohnehin nicht vom Hauptmotiv ablenkt. Anders ist die Situation aber zum Beispiel bei einem Outdoor Shooting.
Der Hintergrund kann hier zu einer Ablenkung werden. Du kannst dir Outdoor den Hintergrund nicht immer aussuchen, auch wenn die Auswahl verdammt groß ist.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie du Bildteile gezielt unscharf bekommst. Drei verschiedener Mittel kannst du dich dazu bedienen: Blende, Brennweite, Positionierung des Motives.
Bei all diesen drei Mitteln geht es um einen einzigen Effekt, den wir nutzen, um unser Ziel zu erreichen: ein Foto mit einer schönes Dosis Unschärfe an den richtigen Stellen. Dieser Effekt ist die Tiefenschärfe beziehungsweise die Tiefenunschärfe.
Entfernung zwischen Motiv und Hintergrund
Ein wunderbares Motiv, ein weniger toller Hintergrund – daraus kann trotzdem ein sehr gutes Foto werden. Ein einfache und effektive Möglichkeit ist, den unerwünschten Hintergrund in etwas Unschärfe verschwinden zu lassen.
Experimentiere mit der Entfernung zwischen Motiv und Hintergrund. Du wirst sehen, dass es schwierig bis unmöglich ist, das Motiv scharf und den Hintergrund unscharf zu bekommen, wenn dein Motiv direkt vor dem Hintergrund steht. Je größer der Abstand vom Motiv, desto besser gelingt das mit der Unschärfe im Hintergrund.
Ein wichtiger Punkt beim Spiel mit der Unschärfe: Sauber auf das Motiv scharf stellen.
Flexibilität beim Fotografieren
Nur weil es in diesem Artikel um die Unschärfe geht, heißt das nicht, dass das in der Praxis das beste und einzige Rezept ist, um trotz unattraktivem Hintergrund besser zu fotografieren. Gerade bei beweglichen Motiven ist es eigentlich noch viel klüger, einfach einen anderen, besseren Hintergrund zu finden.
Daher: Bleibe immer flexibel, versteife dich nicht auf eine Sache, sondern sieh dich nach einer noch besseren Lösung um.
Entfernung zwischen Kamera und Vordergrund
Unschärfe steht nicht nur dem Hintergrund gut. Ein schön, unscharfer Vordergrund gibt dem Betrachter ein bisschen Kontext, ohne zu sehr vom Hauptmotiv abzulenken. Der Vordergrund wird allgemein etwas unterschätzt. Oft ist gar kein Vordergrund im Foto, was schade ist.
Den Vordergrund bekommst du am einfachsten unscharf, wenn du mit der Kamera möglichst nahe an den Vordergrund ran gehst. Zwischen Vordergrund und dem Hauptmotiv sollte etwas Entfernung liegen, damit dieser außerhalb des scharfen Bereichs liegt.
Offene Blende
In Kombination mit etwas Abstand zwischen Motiv und Vorder- beziehungsweise Hintergrund sorgt eine geöffnete Blende (niedrige Blendenzahl – zB. f 2,8) für eine geringe Tiefenschärfe.
Lange Brennweite
Auch die Brennweite deines Objektives macht einen Unterschied, wie scharf oder unscharf die Bereiche vor und hinter deinem Hauptmotiv abgelichtet werden. Mit einem Weitwinkelobjektiv ist es schwierig, den Unschärfe-Effekt zu bekommen. Besser geeignet dafür sind längere Brennweiten ab 50mm.
Die richtige Kamera
Auch die Kamera Technik spielt bei der gezielten Unschärfe eine wichtige Rolle. Versuche beispielsweise einmal, mit deinem Smartphone Fotos mit schöner Tiefenunschärfe zu machen. Das wird nicht einfach. Ebenso mit der Kompaktkamera. Warum das so ist?
Zum einen liegt es am Bildsensor, der bei Smartphones und den meisten Kompaktkameras winzig ist im Vergleich mit DSLRs. Dadurch wird das Licht etwas mehr gebündelt und das resultiert in mehr Schärfe. Dieser Unterschied ist auch zwischen digitalen Spiegelreflexkameras mit Crop- und Vollformatsensor sichtbar. Der Vollformatsensor ist größer und daher gibt es bei, Vollformat einen deutlicheren Unschärfe Effekt als bei Fotos von Cropsensor Kameras.
Der andere Grund ist, dass vor allem Smartphones meist kein Zoomobjektiv haben. Die Objektive in Smartphones sind meist eher Weitwinkel Objektive und damit wird es schwierig, einen unscharfen Hintergrund zu bekommen.
Digitale Unschärfe
Nicht zuletzt hast du auch am Computer in der digitalen Fotobearbeitung einige Werkzeuge zur Verfügung, um Unschärfe an die richtigen Stellen im Foto zu bringen. Das wunderbare an der Unschärfe für die Bildbearbeitung: Es ist wesentlich einfacher, etwas scharfes unscharf zu machen, als umgekehrt 🙂
Die Werkzeuge deiner Wahl heißen meist ähnlich wie Weichzeichnen. Viele Programme bieten dafür Pinsel zum Auftragen des Effekts an. Oft kannst du auch Bereiche im Foto auswählen, eine weiche Auswahlkante erstellen und dann mittels Filter die Auswahl unscharf machen bzw. weichzeichnen (zB. in Adobe Photoshop).
Damit der digitale Zauber nicht zu sehr auffällt, sollte er physikalisch ausreichend plausibel sein. Wenn du Tiefenunschärfe digital verstärken oder in einem Foto ergänzen willst, solltest du nicht alle Objekte im Bild gleich unscharf machen, egal wie weit vom Motiv sie entfernt sind (auf einer Linie von deiner Kamera zum Motiv und hindurch). Objekte, die auf dieser Linie gleich weit entfernt sind, sollten gleich scharf/unscharf sein, damit es physikalisch „richtig“ ist.
Kreative Freiheiten sind natürlich erlaubt, aber wer zu dick aufträgt riskiert, enttarnt zu werden.
Warum Unschärfe so attraktiv ist
Gekonnt gesetzte Unschärfe sorgt dafür, dass sich der Betrachter besser auf das scharf dargestellte Hauptmotiv konzentrieren kann. Unwesentliche oder störende Bildteile lenken ab, wenn sie scharf abgebildet werden. Lässt du sie in Unschärfe verschwinden, wirkt das Foto harmonischer.
Unschärfe hängt wie oben bereits erwähnt auch von besserer Technik ab. Nachdem der Großteil der Fotos nicht mit hochwertigen Spiegelreflexkameras geschossen wird, heben sich deine Fotos mit einer schönen Unschärfe an den richtigen Stellen sofort positiv von der Masse ab.
In diesem Artikel hast du einige Faktoren kennengelernt, die den Vorder- und Hintergrund richtig schön unscharf werden lassen. Probiere es das nächste Mal, wenn du deine Kamera auspackst, einfach aus! Ich wünsche dir wie immer viel Spaß beim besser Fotografieren.
Übrigens, ein Tipp zum Schluss: In Kombination erreichst du den besten Effekt. Wenn es zuviel ist (zB. wenn auch das Hauptmotiv nicht mehr 100% scharf ist), kannst du an den Faktoren drehen, um das für dich richtigen Ergebnis zu erhalten.
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